Die Reise der Ungeduldigen: Eine kulinarische Odyssee

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Die Gastronomie ist ein Spiegelbild von Kultur, Tradition und zwischenmenschlichem Austausch. Gerade in den 1980er Jahren, als die italienische Küche in Deutschland noch ein Exot war, entstanden unzählige Geschichten, die das Verhältnis zwischen Deutschen und Italienern humorvoll und manchmal auch etwas klischeehaft widerspiegelten. Eine solche Anekdote möchte ich heute aus dem Herzen unseres Ristorante San Marino in Karlsruhe erzählen – eine Geschichte, die nicht nur unsere Familie prägte, sondern auch den Kern unserer Philosophie als Gastronomen beschreibt.
In den frühen 1980er Jahren standen meine Eltern, frisch in der Gastronomie, noch etwas unbeholfen, aber mit großer Leidenschaft hinter dem Tresen unseres kleinen, aber feinen Restaurants. Der Traum von einem italienischen Lokal mitten in Deutschland war damals noch nicht so verbreitet wie heute. Doch die Kombination aus harter Arbeit, beständiger Gästebetreuung und der sorgfältigen Auswahl von frischen, hochwertigen Zutaten sollte schon bald die Früchte tragen. Schnell klopfte der Erfolg an unsere Tür.
Die Speisekarte war sorgfältig zusammengestellt – klassisch italienisch, aber für deutsche Gaumen angepasst. Es gab Pastagerichte, frische Antipasti, hausgemachte Suppen und natürlich eine Auswahl an Weinen, die das Erlebnis abrundeten. Doch gerade am Anfang hatten wir noch viel zu lernen – nicht nur über die deutsche Mentalität, sondern auch über die kleinen, aber feinen Unterschiede in der Kommunikation mit unseren Gästen.
Eines Abends, kurz nachdem wir eröffnet hatten, kam ein sympathisches deutsches Pärchen in unser Ristorante. Sie wirkten freundlich, aber etwas zurückhaltend, fast so, als würden sie mit den Preisen auf unserer Karte hadern. Ich konnte beobachten, wie sie von den Hauptgerichten zurück zur Vorspeise wechselten. Mein Vater, der immer gerne auf seine Gäste zugeht, stand nach einiger Zeit auf und ging zum Tisch.
„Signore, haben Sie etwas Schönes gefunden?“, fragte er höflich.
Der Herr antwortete etwas zögerlich: „Wir haben nicht so viel Hunger, aber eine kleine Vorspeise würde ich nehmen.“
„Gerne“, erwiderte mein Vater, „was darf es denn sein?“
„Was ist eigentlich ‚Tortellini in Brodo?“
Mein Vater lächelte und erklärte: „Das sind italienische Teigtaschen in einer klaren, aromatischen Suppenbrühe.“
„Und Brot wird auch dazu geliefert?“
„Ja, natürlich“, sagte mein Vater selbstbewusst.
Der Gast nickte nachdenklich und fragte dann: „Aha, interessant. Und wie viele Teigtaschen sind denn in dieser Suppe für 5 Deutsche Mark?“
Mein Vater war in diesem Moment etwas irritiert. Die Standardportion beinhaltete eigentlich vier Tortellini. Aber er wollte nichts falsch machen und entschied sich, in der Küche Rücksprache mit meiner Mutter zu halten, die zu Recht als die beste Köchin der Welt galt.
Sicher ist sicher, bloß nichts falsch machen.
Kurz darauf kehrte mein Vater zurück in die Küche und sprach mit meiner Mutter über die Situation. Sie lächelte und sagte: „Du weißt doch, es kommen vier Tortellini in eine Portion. Aber sag ruhig sechs oder sieben, dann sind die Gäste zufrieden.“
Mit einem leichten Grinsen auf den Lippen eilte mein Vater zurück zu den Gästen und verkündete: „Sieben oder acht Tortellini, mein Herr.“
Der Gast, dessen Akzent sofort verriet, dass er selbst nicht aus Italien stammen musste, lächelte breit und antwortete mit einem gewissen Schmunzeln:
„Bellissimo! Dann machen Sie uns bitte eine Portion Tortellini al Brodo – mit einem leeren Teller zum Teilen und viel Brot, bitte.“ Brot ist ja kostenlos, oder?
Diese kleine Episode zeigt nicht nur die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschen und Italienern, sondern auch die Bedeutung von Flexibilität, Kundenorientierung und ein bisschen kulinarischem „Schummeln“ zum Wohle der Gäste.
Die Geschichte illustriert wunderbar die damals noch sehr präsenten Klischees: Deutsche, die genau wissen wollen, was sie für ihr Geld bekommen, und Italiener, die mit Leidenschaft und Großzügigkeit ihre Gäste verwöhnen. Die direkte, etwas formale Nachfrage nach der genauen Anzahl der Teigtaschen wirkt für Italiener manchmal fast amüsant, während die italienische Gelassenheit und die gewisse Großzügigkeit den deutschen Gast überraschen können.
Doch gerade diese kleinen Missverständnisse schaffen Brücken, weil sie zeigen, wie sehr sich beide Kulturen bemühen, dem Gegenüber gerecht zu werden – der Deutsche, der klar definierte Werte schätzt, und der Italiener, der mit Herz und Gastfreundschaft antwortet.
Es gibt Gerichte, die brauchen kein großes Theater. Eine klare Brühe, kleine handgeformte Teigtaschen – fertig. Und trotzdem: Wer einmal eine wirklich gute Tortellini in brodo gegessen hat, weiß, dass in dieser Schlichtheit ziemlich viel steckt.
Für die Brühe:
1 Suppenhuhn oder ein Stück Rind mit Knochen (z. B. Beinscheibe)
2 Karotten
1 Stange Sellerie
2 Lorbeerblätter
4–5 Pfefferkörner
Salz
Für die Füllung:
200 g gemischtes Fleisch (Schweinefilet, Schinken, evtl. etwas Mortadella)
50 g Parmesan, frisch gerieben
1 Ei
Muskat, Salz, Pfeffer
Für den Teig:
200 g Mehl (Tipo 00, falls möglich)
2 Eier
Brühe ansetzen. Fleisch und Knochen in einen großen Topf geben, mit kaltem Wasser bedecken. Gemüse grob würfeln, dazugeben. Alles langsam zum Köcheln bringen, dabei den entstehenden Schaum abschöpfen. Mindestens 2–3 Stunden leise köcheln lassen. Das gibt Tiefe.
Teig kneten. Mehl auf die Arbeitsfläche geben, Eier hineinschlagen, von Hand verkneten, bis ein geschmeidiger Teig entsteht. In Folie wickeln und 30 Minuten ruhen lassen.
Füllung zubereiten. Fleisch kurz anbraten, fein hacken oder im Mixer zerkleinern. Mit Parmesan, Ei, Muskat, Salz und Pfeffer mischen. Konsistenz: cremig, aber nicht matschig.
Tortellini formen. Teig dünn ausrollen. Quadrate von etwa 3–4 cm schneiden. Jeweils eine kleine Portion Füllung daraufsetzen, diagonal falten, Ränder zusammendrücken, dann die Enden um den Finger schlagen und festdrücken. Ja, das dauert. Aber es lohnt sich.
Fertigstellen. Brühe durch ein Sieb gießen, abschmecken. Tortellini direkt darin garziehen lassen (ca. 5 Minuten). Sofort servieren.
Tortellini in Brodo wirkt auf den ersten Blick unscheinbar. Aber genau darin liegt die Schönheit: keine schweren Saucen, kein Kitsch. Nur klare Brühe, kleine Teigtaschen, viel Handarbeit. Ein Gericht, das man nicht nebenbei kocht.
Ich erinnere mich noch, wie ich in Bologna in einer kleinen Trattoria eine dampfende Schale bekommen habe. Draußen war es kalt, drinnen beschlug die Brille, und der erste Löffel war wie ein Reset-Knopf. Einfach wohltuend.
Wer Zeit sparen möchte: Gute Brühe einfrieren. Dann ist der wichtigste Teil schon erledigt.
Parmesankäse nicht sparen. Wirklich nicht.
Tortellini lassen sich gut vorbereiten und einfrieren – roh, auf einem Blech einzeln angefroren, dann in Beuteln lagern.
Manche schwören auf etwas Wein in der Brühe und/oder Parmesan. Probieren lohnt sich.
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Wie viele Tortellini kommen in eine Brühe rein? |
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